IdentifiNation – Eine Ausstellung zur Schweizer Milizarmee
Bürger und Soldat zugleich – die Milizarmee gehört zur Schweiz wie Wilhelm
Tell und Heidi. Doch nicht jeder Bürger identifiziert sich gleich stark mit der Schweizer Armee. Neben politischen Gesinnungen prägen vor allem persönliche Diensterfahrungen die Einstellung gegenüber der Armee.
Mit historischem Filmmaterial, Objekten, Bildern und aktuellen Stimmen zum Militär regt die Ausstellung zum Nachdenken an über Identifikation, Neutralität, Uniformität, Hierarchie und das Milizsystem und thematisiert die Rolle der Armee vor dem Hintergrund des Zeitgeschehens seit dem Wiener Kongress 1815.
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Kommentar von Franz Betschon
Der Umstand, dass der Gedanke „Miliz“ jetzt schon in einem Museum dargestellt wird, führt mich zu einer Überlegung, die ich schon lange in mir trage. Der Vergleich mit Heidi und Wilhelm Tell ist nur eine weitere Verunglimpfung. Eigentlich ist der Slogan von Giardino „Für eine starke Milizarmee“ irreführend. Wir lassen damit Raum für die Überlegung, dass es auch noch andere Lösungen gibt, beispielsweise eine Berufsarmee oder gar keine Armee. „Miliz“ lässt sich umdeuten in etwas Minderwertiges, etwas Zweitklassiges, in eine Lösung des armen Mannes. Ich bin dezidiert der Meinung, dass unsere Idee einer Milizarmee allen anderen überlegen ist, sie kann besser mit Hochtechnologie umgehen, sie bringt Menschenführungserfahrung mit ein und dürfte insgesamt effizienter sein. Das hängt natürlich mit der idealen Grösse unseres Landes zusammen, auf grössere Gemeinschaften ist sie nicht übertragbar und Verkleinerung führt, wie wir gesehen haben, auch zu Effizienzverlust.
Letztlich haben die Vorsteher des Militärdepartementes der letzten zwanzig Jahre so die ungeheure Verantwortung für den Niedergang unseres Wehrwesens auf sich geladen. Sie haben zugelassen, dass Fehlleistungen immer wieder dem Milizsystem zugeschrieben werden. Sie wurden dabei nicht müde, das Milizsystem hochleben zu lassen, aber nur weil sie den Sinn nicht verstanden und es politisch opportun war, denn schliesslich steht ja der Milizgedanke in der Verfassung und wenn man diese schon nicht umzusetzen gedenkt, so wiederholt man das Wort „Miliz“ wenigstens möglichst oft, wie eine tibetanische Gebetsmühle.
Früher waren Instruktionsoffiziere stolz darauf, dass sie in Truppendiensten sich mit reinen Milizoffizieren messen durften (und umgekehrt). Man hat sich gegenseitig zu Höchstleistungen animiert. Milizkommissionen hätten die Beschaffungsfehlleistungen der letzten Zeit verhindert, wie wir sie jetzt immer wieder und gehäuft erleben. Heute betonen Offiziere des VBS, dass sie nicht mehr „Instruktoren“ seien sondern „Berufsoffiziere“. Die Abkehr vom ursprünglichen Gedanken begründete man seinerzeit unwidersprochen mit dem diskriminierenden und beleidigenden Spruch „Lehrlinge bilden Lehrlinge aus!“. Je mehr in Bern unter den Tisch gekehrt wird, desto mehr fühle ich mich in meiner Meinung bestärkt.
Wir erleben es ja auch in der Politik, dass immer mehr Berufspolitiker ans Steuer drängen, Personen, die nie den rauhen Wind der freien Wirtschaft um die Ohren hatten und dort ums Überleben kämpfen mussten. Unser neuer Nationalrat im Kanton AR hat nie einen Broterwerb gehabt (böse Zungen weisen auch darauf hin, dass er noch nicht einmal einen eigenen Haushalt führt). Der neue Bundesrat der SP ist vom selben Holz und der durchschnittliche Parlamentarier kennt die Wirtschaft auch nicht mehr vom freien Erleben.
Die Staatskrise, die sich auf leisen Sohlen in unsere Gesellschaft geschlichen hat, manifestiert sich nicht in Schwächen der Militärpolitik sondern der Staatspolitik. Wenn wir schon darauf hinweisen, dass der Verfassungsartikel 58 (Armee) kalt lächelnd missachtet wird, so muss immerhin darauf hingewiesen werden, dass dies auch mit anderen Artikeln gehäuft geschieht. So ist offenbar Art.84 (Verlagerungspolitik) oder Art. 65bis (Verwahrungsinitiative) gar nicht umsetzbar. Alle wissen das, aber niemand kümmert‘s! Beat Kappeler weist in seinem sehr lesenswertem Buch „Wie die Schweizer Wirtschaft tickt“ (NZZ Libro, 2011, ISBN 978-3-03823-722-8) auf denselben Sachverhalt hin. Diese Verluderung der Qualität der politischen Arbeit ist unschweizerisch und wird uns noch viel Geld kosten. Dies ist nicht mehr Staatskunst sondern Pfusch! Sie ist auch eine Folge des Verlustes unseres Milizgedankens.