Interview mit dem Chef der Sicherheitskonferenz in München, Wolfgang Ischinger
Die USA werden die Hälfte ihrer Truppen aus Europa abziehen. Die Konsequenzen für die EU sind ein Thema der Münchner Sicherheitskonferenz. Gastgeber Wolfgang Ischinger erklärt, welche Herausforderungen er sieht.
„Es kann nicht sein, dass die 27 EU-Staaten knapp halb so viel für Verteidigung ausgeben wie die USA – dafür laut Experten aber nur ein Zehntel der Schlagkraft ernten.“
„Wenn wir mehr Euros für Verteidigung europäisch einsetzen und nicht mehr national, ist viel gewonnen. Wir haben keine Wahl. Die Etats erzwingen mehr Kooperation.“
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Kommentar:
Damit wird klar, wieso in Europa die Armee verkleinert werden: Die Staaten sollen durch Abrüstung dazu gezwungen werden, auf europäischer Ebene mehr zusammen zu rücken. Ziel ist eine europäische Armee. Es mag deshalb erstaunen, dass die SVP sich nicht mehr dem Thema „Armee“ annimmt, wenn eine weitere Reduktion der Verteidigungskräfte uns sicherheitspolitisch geradezu in die Abhängigkeit von der EU treibt.
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Dass diese 27 EU-Staaten mit ca. halb soviel Vtg-Budget nur 10% Schlagkraft erreichen, zeigt ja wohl einfach, dass dies 27 Sauhaufen sind, aber wenigstens jeder für sich. Aber 27 Sauhaufen zu fusionieren bedeutet nur eines: ein einziger grosser UNKONTROLLIERBARER Sauhaufen!
Im internatioalen Einsätzen werden die Schweizer Truppen geschätzt, weil sie mit Fachkompetenz als Lückenfüller auftreten, wo die übrigen „grossen“ dahin-serbelnden Armeen Defizite oder schlicht keine Finanzmittel für den Betrieb mehr haben. Vor diesem Hintergrund müssten wir als Schweiz die Eigenständigkeit der Armee erst recht bewahren, wenn wir anerkannt bleiben wollen.
Wenn wir unsere Armee als Division Schweiz der EU-Force anschliessen, können wir uns ebensogut auflösen und die Schweiz durch ausländische Söldner befrieden lassen; wie zu Napoleons Zeiten gewissermassen.
Dummerweise wird uns die EU ganz genau vorrechnen können was so eine Miet-Armee kostet und es wird wohl kaum weniger sein als jetzt die eigene Armee kostet, nur wird es dann in Bundes-Bern heissen: Ach das ist ja wahnsinnig teuer aber es geht ja nicht anders und das muss so sein.
So wie der Vatikan die Schweizer Garde hat, sollten wir vielleicht eine Garde für die Schweiz bilden, mit russischen Söldnern o.ä. Dann würde sich die EU-„Kavallerie“ vielleicht etwas mehr überlegen wie sie mit uns umspringt. Im Moment haben wir ja international „kein Brot“, sogar der Bankenplatz geht den Bach runter.
Man kann im übrigen die MSC als live-stream heute ab 15.00 auf der Seite des Bayrischen Rundfunks anschauen.
Link: http://www.br.de/themen/aktuell/livestream110.html
„In der global vernetzten Welt müssen wir unseren Beitrag leisten, um Stabilität und Sicherheit zu exportieren, sonst werden wir Instabilität und Unsicherheit importieren.“ Das ’sonst‘ ist besonders befremdlich. Fünfzehn Jahre lang mussten westliche Soldaten für den Leichtsinn der Politiker am Hindukusch den Kopf hinhalten, während in ihren Heimatländern weiter Parallelgesellschaften entstehen.
„Krisen wie in Syrien, Libyen oder auf dem Balkan müssen wir künftig alleine lösen.“
Hört hört! Wollen sich die Europäer endlich mit genügend strategischen Transport-, Betankungs- und Aufklärungskapazitäten ausstatten und ihre Munitionsvorräte wieder auf ein glaubwürdiges Niveau aufstocken?
Jedes Land spezialisiert sich – nur dumm, wenn ein Land sich aus innenpolitischen Gründen nicht an einem ‚Einsatz‘ (gemeint: Krieg) beteiligt und genau dessen Kernkompetenz den übrigen fehlt? Und würde z.B. Spanien von Portugal finanziell dafür unterstützt, dass es dessen Luftraum mit überwacht? Falls ja, wieviel kann Portugal dann für seine Armee sparen? Der Verdacht liegt nahe, dass das generierte Sparvolumen einer engeren Kooperation nicht in die Streitkräfte zurückfliessen würde, sondern in den überbordenden Sozialstaaten versickert.
Was auf den ersten Blick toll aussieht, ist eine Denkfalle: Das Kernproblem ist nicht, dass die EU-Staaten 27 Armeen unterhalten, sondern dass praktisch jede dieser 27 Armeen unterfinanziert ist. Ich muss es immer wieder wiederholen: wenn sich jeder auf die übrigen verlässt, wird keiner mehr für sich alleine sorgen können. Doch wie will ein Staat A einem Staat B helfen, wenn er nicht einmal auf sich selber aufpassen kann?
Fassen wir die ‚Vision‘ kurz zusammen: aus 27 unterfinanzierten Armeen sollen 27 Armeebestandteile entstehen, aus denen sich dann im Bedarfsfall innert nützlicher Zeit eine einsatzfähige Task Force zusammensetzt.
Um sich die immer teureren Waffensysteme und die steigenden pro-Kopf-Kosten der Berufssoldaten leisten zu können, spart man Bestandesgrössen ein. Teure Waffensysteme braucht es v.a. im Krieg gegen Staaten, die ihrerseits ähnliches Gerät ins Feld führen. Was aber, wenn die sicherheitspolitische Bedrohung nicht mehr von staatlich kontrollierten Waffensystemen (dabei heisst es immer, der Kalte Krieg sei vorbei…) sondern von Menschen ausgeht?
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