Krieg in der Nachbarschaft

Krieg in der Nachbarschaft

Seit dem Ende des Kalten Krieges ist die Welt von einem Zwei-Parteien-Gleichgewicht in ­eine multipolare Situation geraten, von der man nicht klar sagen kann, dass es sich um ­einen Fortschritt handelt. Was von den Vereinten Nationen übrig war, wurde ersetzt durch das G-20-Kartell der grossen Staaten, das die weltweite Bevölkerungsmehrheit repräsentiert und damit die demokratische Legitimität in ihrer striktesten Ausprägung auf globaler Ebene in Anspruch nimmt. Das schwammige Prinzip der Gleichheit unter den Staaten hat aus­gedient. Stattdessen herrscht die ­klare und einfache Sprache der Macht. Davon kann die Schweiz ein Lied singen, die sich im Herzen der Einflusssphäre der Europäischen Union befindet und von dieser nicht mehr als vollwertiges Nichtmitglied respektiert wird.
Ganzer Beitrag auf weltwoche.ch (nur mit Abo) bzw. in der aktuellen Ausgabe 33.13, Seite 35

 

Kommentare: 2

  1. Franz Betschon sagt:

    Der Ersatz von Recht durch Macht begann sich schon seit längerem zu vollziehen und damit der Rückfall in die Zeit vor dem westfälischen Frieden von 1648. Schade für die vielen fortdschrittlichen Konzepte im internationalen Völkerrecht. Dass die Schweiz den Sprung auf den Zug der Macht verpasst hat und nun wehleidig jeden Tag von irgenwoher Prügel bezieht, hat sie sich selber zu zu schreiben. Für Selbstmitleid waren sich mindestens die wirklich Alten Eidgenossen nach deren Gründung zu schade und haben jeweils das Heft selber in die Hand genommen.
    Der Weltwocheartikel stellt ein Kapitel dar über das künftige Kriegsbild und die gefährlichste Feindmöglichkeit. Nur: Wer eine Faust machen will sollte wenigstens Finger an der Hand haben, sprich eine Armee.
    Das Unverständnis in “Bern” für realpolitische internationale Zusammenhänge dürfte natürlich auch nur eine Fortsetzung der “Alten Ordnung” von vor dem Zusammenbruch der Alten Eidgenossebnschaft 1798 sein. Da der Kanton Bern auch seither nie eine wirkliche wirtschaftliche Macht entwickeln konnte, hat der Beamtenstaat in eben der gleichnamigen Stadt wenigstens dafür gesorgt, dass das Primat der Politik vor der Realwirtschaft, sprich der Macht der Wirtschaftsstandorte Zürich, Genf, Basel etc., durchgesetzt wird und so beispielsweise die Einsitznahme in die G-20 etc. verhindert, wo wirklich die Musik spielen würde.
    Das heisst man lässt lieber die ganze Schweiz in Schönheit sterben, als dass man sich neueren Gegebenheiten anpasst. Wobei Anpassen gar nicht nötig wäre, wenn die Schweiz rechtzeitig selber eine Führungsrolle übernommen hätte, bei der sich dann hauptsächlich andere anpassen müssten. Neutralität und Souveränität bedeuten nicht notwendigerweise lebstgerechte Passivität.

  2. Willy Stucky sagt:

    Es ist ausserordentlich begrüssenswert, dass ein welscher Chefredaktor, François Schaller, in einer bedeutenden Deutschschweizer Zeitschrift zu Wort kommt; denn oft bekommt man den Eindruck, dass uns viele Romands für paranoisch halten, als ob wir nicht selbst wüssten, dass in naher Zukunft durch westeuropäische Armeen kein bewaffneter Übergriff auf unser Land denkbar ist.
    Zur Debatte steht ein Machtvakuum im Herzen Westeuropas, und nichts anderes, aber auch nichts Geringeres; denn um Macht geht es alleweil und überall, was François Schaller in seinem ausgezeichneten Essay unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Es gehe am 22. September um die Botschaft der Schweizer, dass sie respektiert werden wollen. Schaller räumt ein, dass dies zwar nur eine Botschaft sei. Doch dann folgt sein entscheidender Schlusssatz: Diese Botschaft sei bei weitem wertvoller als die Bekundung des gegenseitigen Willens.
    Neid, Habsucht und Machtgier steuern nun mal das menschliche Handeln. Natürlich lautet die christliche Weihnachtsbotschaft: „Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind!“ Dabei wird aber oft das entscheidende Wort „gut“ unterschlagen; und auch dazu sagt Schaller etwas sehr Wahres, nämlich: „Alle Kriege werden auf ihre Weise im Namen des Friedens geführt.“

Kommentare sind geschlossen.