Was die Armee bei Terrorgefahr zu tun hat

Was die Armee bei Terrorgefahr zu tun hat

Nach den Anschlägen von Paris wird auch in der Schweiz die Diskussion geführt, wie «solchen Anschlägen» zu begegnen sei. Angestossen durch zwei leidenschaftliche Kommentare der BaZ-Redaktoren Joël Hoffmann und Christian Keller ist die Frage kontrovers diskutiert, welches die Rolle der Schweizer Armee bei Terroranschlägen wäre – respektive, ob der Armee überhaupt eine solche zukomme. Tatsächlich wird in der Botschaft zum aktuellen Armee-Projekt, der Weiterentwicklung der Armee (WEA), der Terrorproblematik starke Beachtung geschenkt. Teile der abermals zu halbierenden Armee sollen künftig rasch aufgeboten werden können, um innerhalb von Tagen Schutz- und Bewachungsaufträge ausführen zu können. Der Bundesrat schlägt damit dem Parlament die Behebung eines wesentlichen Mangels der heutigen Armeekonzeption vor, die auch im Terrornotfall gar keine Mobilisierung vorsieht.
von Beni Gafner, BaZ Redaktor, BaZ vom 14. Januar 2015, Seite 4
Damit ist das erste Problem bereits skizziert. Was heisst «im Terrorfall rasch aufbieten»? Was könnte damit erreicht werden? Weder Armeeplaner und Armeeführung noch der zuständige Bundesrat Ueli Maurer (SVP) haben die Illusion, dass sich mit der Armee Terroranschläge künftig gänzlich verhindern lassen. Aber man kann sie erschweren. Diese Aufgabe kommt (wie bisher) in erster Linie der Polizei zu, die, gestützt auf hoffentlich rechtzeitige Informationen des Nachrichtendienstes, Terroristen aus dem Verkehr ziehen soll – bevor diese zuschlagen.
Zu diesem Thema läuft derzeit eine (ebenfalls kontrovers diskutierte) Ent- scheidung im Parlament, über das neue Nachrichtendienstgesetz. Darüber hinaus geht die Neukonzeption der auf 100 000 Soldaten verkleinerten Armee davon aus, dass die Politik dem Militär im unmittelbaren Nachfeld eines Anschlags oder bei Drohungen und Erpressungen auch im Vorfeld von Anschlägen sehr rasch eine Fülle von Überwachungs- und Bewachungsaufträgen übertragen würde. Der Plan des Bundesrats: Gut trainierte und vollständig ausgerüstete Infanteristen sollen gefährdete Objekte und Einrichtungen schützen können und so einen Beitrag zur Beruhigung der Lage leisten.
Dies ist anspruchsvoller, als man zuweilen annimmt – vor allem, wenn es im konkreten Fall in einem Betrieb zwischen Berufspersonal und Attentätern zu unterscheiden gilt, die sich einschleichen wollen. Der Botschaft des Bundesrats liegt in diesem Bereich ein Szenario zugrunde, das in Frankreich vorgestern aktuell wurde. Nachdem dort Polizei und Spezialkräfte ihre nervenaufreibende Arbeit über Tage verrichtet hatten, liess Frankreichs Präsident Hollande 10000 Armeeangehörige aufbieten, um Objekte zu bewachen. Darunter sind Moscheen und Synagogen sowie 717 jüdische Schulen.
Der Grund, weshalb die französische Armee unterstützend herbeieilen muss, ist einfach: Polizei und Gendarmerie (die in Frankreich Teil der Streitkräfte ist) waren in den vergangenen Tagen vollumfänglich beansprucht. Die Polizisten
und die Angehörigen der Gendarmerie müssen irgendwann Kräfte tanken, um anschliessend neue Bewachungseinsätze zu übernehmen. Andere wiederum müssen den ursprünglichen Polizeiaufträgen nachkommen, die wegen der Jagd auf Terroristen liegen geblieben sind.
Die Botschaft des Bundesrats unterscheidet hier zwischen Prävention und den Aufgaben, die nach einem erfolgten Anschlag der Armee zugedacht werden. Wörtlich heisst es dazu: «Bei einer konkreten und andauernden terroristischen Bedrohung für die Schweiz bewacht und sichert die Armee kritische Infrastrukturen wie Flughäfen, Bahnhöfe, Energieproduktions- und Energieverteilanlagen, Verkehrsknoten und Achsen oder Verteilzentren.» Und weiter: «Nach einem Terroranschlag würde die Armee ebenfalls für Bewachung und Sicherung, aber auch für Hilfs- und Rettungseinsätze eingesetzt.» Der Einsatz der Armee würde auch in einem solchen Fall subsidiär erfolgen, das heisst aufgrund von Gesuchen der Kantone, denen die Einsatzverantwortung übertragen ist.
Im Kapitel «Unterstützung ziviler Behörden» heisst es in der Botschaft, die dieser Tage in der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats beraten wird: «Bei einer akuten, konkreten und anhaltenden Bedrohung, die nicht vorhersehbar ist, kann es nötig werden, viele Objekte gleichzeitig zu schützen.» An Zeitungsredaktionen hat bei der Formulierung dieses Abschnitts wohl kaum jemand gedacht. Ins Auge gefasst wird hingegen anderes: «Ein Bedarf nach starken und rasch verfügbaren Kräften könnte auch bei einer Naturkatastrophe oder im Zuge eines grossräumigen Stromausfalls eintreten.»
Stromausfälle können, wie man weiss, auch bösartig herbeigeführt werden, sei es durch Anschläge oder durch Hackerangriffe. Für all die genannten Fälle soll die Armee künftig innerhalb von zehn Tagen bis 35 000 Angehörige mobilisieren können. 8000 von ihnen sollen innerhalb von vier Tagen einsetzbar sein. Ein Teil von diesen 8000 müsste allerdings wiederum für die Mobilmachung weiterer Milizsoldaten beansprucht werden, die nachrücken.
Heiss diskutiert wird zurzeit die Frage, ob ein Bestand von 100 000 Armeeangehörigen genügt. Ein Generalstabsoffizier hat ausgerechnet, dass bei einem Einsatz, der ein Jahr dauert, pro Kanton gerade einmal 80 Soldaten tatsächlich vor Objekten stehen, würden die verfügbaren Soldaten gleichmässig auf alle 26 Kantone verteilt – dies unter Berücksichtigung der notwendigen Ablösungen und nach Abzug der Unterstützungs- und Logistikkräfte.

 

Kommentare: 9

  1. Fritz Kälin sagt:

    Beni Gafner deutet es richtig an. Die Frage ist nicht nur wie schnell ist die Armee ‘auf Platz’, sondern auch mit wie vielen bzw. wie lange/ wie viele Ablösungen.
    Ausgerechnet die Leistungs, welche die Milizarmee am einfachsten, besten und kosteneffizientesten bieten könnte: manpower, wird durch die WEA erneut halbiert.
    Dabei ginge es nicht mehr wie früher darum, Bürger innert Tagen aus dem Zivilleben in den Kampf der verbundenen Waffen gegen die grösste Militärmaschinerie der Geschichte (Warschauer Pakt) zu werfen. Die Aufgabe heute wäre wesentlich bescheidener und liesse sich problemlos durch ältere Jahrgänge meistern. Die für simple Bewachung nötige Bewaffnung/ Ausrüstung/ Logistik etc. der Truppe kann sich jedes Entwicklungsland leisten. Warum soll die Schweiz heute nur noch 30’000 Mann innert zehn Tagen für eine simple Aufgabe aufbieten können, wenn sie früher für die denkbar schwerste militärische Verteidigungsaufgaben auf das Zehnfache an Männern in kürzerer Zeit hätte zählen können?
    Wollen wir es erleben, dass 30’000 Milizsoldaten über Monate hinweg zusammen mit den zivilen Behörden alleine die ganze Last schultern müssen, obwohl es im Land zehn Mal so viele Schweizer gäbe, die alle auch über die dafür nötige Grundausbildung erhalten haben und die nötige Grundausrüstung daheim im eigenen Keller lagern?
    Man kann darüber streiten, welches Technologieniveau etc. die Schweizer Armee haben muss. Aber zehn- oder hunderttausende einst ausgebildete und ausgerüstete Bürger im Bedarfsfall doch nicht einsetzen zu können, wäre die mit Abstand grösste Verschwendung, welche wir uns in der Armeepolitik jemals geleistet haben.

  2. zala boris sagt:

    E pensare che Israele aveva copiato il nostro sistema vecchio di mobilitazione.Entro 24 ore l`esercito era pronto con 640.000 uomini!!
    Ogni milite sapeva dove andare esattamente armato.
    Una protezione della Svizzera deve essere un po`come una rete,dai servizi di informazione potenziati,poi l`esercito con reparti antiterrorismo,reparti di polizia e guardie di confine specializzati nell`antiterrorismo.Poi se ci sono persone civili consigliate e indicate dalle forze di sicurezza che possano essere a loro volta armate a protezione della gente (vedi luoghi pubblici come supermercati,stazioni ecc).Cosî si può chiudere la rete di sicurezza perfezionandola di volta in volta.”Quando il tempo é bello tutto funziona,ma quando é brutto…”
    Bisogna mantenere lo stato di diritto a tutti i costi.

  3. Francois Villard sagt:

    Quelle impéritie de la part de notre gouvernement fédéral! On se berce d’illusions. Il serait grand temps de revoir ses bases de mathématique élémentaire pour constater que 100’000 hommes que l’on pourrait emprisonner dans un ou deux stades de football, ne suffisent de loin pas à protéger nos infrastructures vitales en situation de crise (pas de guerre). Quand ça dégénère, prise d’un quartier de ville ou de villages par des groupes armés on pourra pleurer d’avoir détruit tant de moyens de défense lourds…
    Peut être cela ne vous a pas échappé. En France des politiciens socialistes discutent de remettre la conscription obligatoire pour tenter de lutter contre le communautarisme. Le président Hollande de renoncer à diminuer les effectifs des armées et de renforcer les budgets de la défense. Malheureusement tout ceci est exprimé en français, je ne crois pas que cela a été entendu à Berne.
    Suis-je pessimiste? On aura la réponse prochainement.
    Le DEVA (WEA) est un mauvais projet, destiné à supprimer l’armée, à démanteler la démocratie directe. Les améliorations (mobilisation) ne nécessitent pas une telle réforme.

  4. johannes fischer sagt:

    Fragen: Wir haben Doppelbürger Schweiz/…islamisches Land. Diese Doppelbürger werden, sofern militärdiensttauglich, in der Schweiz als Soldaten/Uof/Of ausgebildet. Es zeigt sich, dass innere Unruhen/Unsicherheiten zur Zeit von islamischer Seite ausgehen, ob von aussen oder von innen her. Wie können wir verhindern, dass von der Schweizer Armee Ausgebildete sich gegen das Land wenden, das ihnen die Doppelbürgerschaft Schweiz/… islamischer Staat ermöglicht hat? Hat man über Massnahmen bezüglich der Feststellung der Loyalität nachgedacht oder sogar vorgesehen?

    • Ueli Gruber sagt:

      Ich leiste zusammen mit Of und Uof mit muslimischem Glauben zusammen Dienst und empfinde solche Unterstellungen als peinlich und beleidigend.
      Schweizer ist Schweizer, unabhängig davon ob Katholik, Reformierter, Jude oder Muslim!

    • Hans Schmid sagt:

      Beantworten Sie doch einfach die gestellte Frage.

    • Fritz Kälin sagt:

      Ich schliesse mich Ueli Gruber an.
      Unsere Milizarmee und die Allgemeine Wehrpflicht sind kein Sicherheitsrisiko, sondern Teil der präventiven Lösung. Unsere eingebürgerten Muslime erhalten mit der Dienstwaffe sowie dem Abstimmungszettel die ultimativen Vertrauensbeweise der Gesellschaft. Sie wissen dies auch weit besser zu würdigen als jene ‘Schweizer’, welche gerade in der Wehrpflicht oder in unserer nationalen Souveränität und Identität regelrechte Feindbilder erkennen.
      Das klare Bekenntnis des Stimmvolks zur Wehrpflicht belegt, auf wen wir bei der Sicherheit unseres Landes zählen können.
      Solange bei uns die Sicherheit ultimativ in den Händen ALLER Bürger liegt, kann und soll die Politik nicht die Sicherheit der ‘einen’ auf Kosten der ‘anderen’ versuchen zu gewährleisten.
      Erinnern wir uns daran, wie unsere direkte Demokratie, die Milizarmee und viele weitere typische Merkmale der Schweiz dazu beigetragen haben, dass im 20. Jahrhundert Faschismus und Kommunismus in diesem Land stets eine chancenlose Randerscheinung blieben. Ebenso tragen sie dazu bei, dass in der Schweiz die klare Mehrheit der Einwanderer zur Sicherheit vor den problematischen Elementen beitragen können, weil man ihnen die Chance gibt, als Stimmbürger und Bürger in Uniform Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen.
      Einmal mehr erfüllt die Allgemeine Wehrpflicht/ Milizarmee eine wichtige gesellschaftliche Klammerfunktion. Wer diesen Wert nicht erkennt, hat die Grundindee unseres Wehr- und Staatswesens schlichtweg nicht begriffen.

  5. Martin Burch sagt:

    Nur das ich das richtig verstehe, es braucht in der Schweizer Armee in Zukunft 8000 AdAs damit ich am Ende 8000 Boots on the ground bzw. im tatsächlichen Einsatz habe? Und wie lange kann die Armee bis zu 35’000 AdAs mobilisieren bzw. wenn es länger als drei, vier Wochen geht? Werden dann einfach von den restlichen 100’000 minus 35’000 (minus die 8’000 zum Aufbieten und plus / minus Durchdiener, dieselben können dafür länger als drei, vier Wochen eingesetzt werden) AdAs aufgeboten? Bei 100’000 Man bleibt dann im gleichen Jahr keiner mehr übrig um noch die Pisten des Lauberhornrennens zu präparieren oder hat wohl jemand die Durchhaltefähigkeit vergessen..?

Kommentare sind geschlossen.