Antworten des CdA zu weiteren Fragen bezüglich Verschrottung der Spz 63/89
Nach dem Augenschein in den Kavernen von Turtmann hatte die Gruppe Giardino weitere Fragen an den CdA. Wir publizieren die Antworten (datiert vom 19.06.2012) mit einer Beurteilung von unserer Seite.
1. Frage Giardino:
“Weshalb wird in offiziellen Velautbarungen vom M113 gesprochen und nicht vom Spz 63/89 und dessen Unterschieden zur ursprünglichen Version Spz 63, dessen Bilder immer gezeigt werden?”
Antwort CdA:
“Der Grund liegt dann, dass die Bezeichnung “M113” mehr Leuten geläufig ist als “Spz 63/89″. Die Kommunikation hat sich an die breite Öffentlichkeit zu richten. Diese verfügt nicht über die tiefen Fach- und Sachkenntnisse wie Sie und Ihre Spezialisten.”
Beurteilung Giardino:
Die Präzision in der Kommunikation wird absichtlich und vorsätzlich heruntergefahren. Man nutzt die Unkenntnis der Öffentlichkeit zu seinem eigenen Vorteil und manipuliert so die Meinung des Volkes. Wäre es nicht ehrlicher (Zitat CdA: “Auf dem Weg zu mehr Ehrlichkeit”), man würde bei den Fakten bleiben und die Öffentlichkeit genauer informieren, was wirklich auf den Schrottplatz gefahren wird? Oft musste Giardino bei den öffentlichen Ausführungen des CdA erleben, dass Bilder von uralten Panzern (sogar von schon lange verschrotteten ‘Centurion’ Panzer!!!) zur Illustration dieses Themas dienen und so klar der Realität widerspricht. Wenn selbst solche Bilder verwendet werden, muss klar von “Manipulation” und nicht von einer Vereinfachung zwecks Verständnis gesprochen werden.
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2. Frage Giardino:
“Die 386 Spz 63/89 wurden 2006 eingelagert, seit wann ist die Lüftung in den Kavernen nicht mehr in Betrieb? Warum wurde sie abgestellt?”
Antwort CdA:
“Infolge eines Defektes war die Lüftung der Kaverne ausgefallen. Ersatzteile insbesondere für die elektrische lnstallation der Steuerung der Anlage waren veraltet und nicht mehr verfügbar. Deshalb wurde für die Entfeuchtung der Kaverne eine spezifische Lösung nachgerüstet.”
Beurteilung Giardino:
Die Frage wurde ungenügend beantwortet – Wir kennen den Zeitpunkt des Ausfalls nicht.
Wieso für die in der ganzen Schweiz standardisierten Flugzeug-Kavernen plötzlich keine Ersatzteile mehr da sein sollen, ist uns auch ein Rätsel.
Zudem stellen wir hier einen Widerspruch zu Aussagen von Mitarbeitern von Ort fest, welche von einer bewussten Abschaltung aus “betriebswirtschaftlichen Gründen”, ja sogar von einer “vorsätzlichen Abschaltung” zwecks “Zufügen eines Schadens”, gesprochen haben.
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3. Frage Giardino:
Was kostet die Verschrottung das VBS? Geht ein allfälliger Erlös tatsächlich an das VBS?
Antwort CdA:
“Gemäss aktuellem Altmetallpreis resultiert im Zusammenhang mit der Verschrottung des Spz M-113 63/89 ein kleiner Erlös, der innerhalb des VBS für Liquidationen wie z.B. die Delaborierung abgelaufener, altersbedingt zu liquidierender Munitionsvorräte verwendet wird. Genaue Zahlen unterliegen dem Geschäftsgeheimnis der armasuisse im Umgang mit Lieferanten.”
Beurteilung Giardino:
Die Verschrottung kostet also nichts, es fällt ein kleiner Erlös an… Sicher? Heisst das also auch, dass die Überführung per Bahnverlad, die Personalkosten der Fahrer, die Shuttle-Dienste für den Rücktransport der Fahrer und die gesamte Organisation der Verschrottung KEINE Kosten verursacht? Oder sind diese Kosten bereits mit dem Erlös der Firma Schnyder gedeckt? Wird hier ehrlich gerechnet? Bei jedem Unternehmen, welches restrukturiert, fallen Kosten an. Beim VBS auch? Wir wissen es noch nicht genau.
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4. Frage Giardino:
“Wie ist die Frage der Behandlung des unverzollt an die Firma Schnyder übergehenden Treibstoffs geregelt?”
Antwort CdA:
“Baugruppen, Komponenten und Betriebsstoffe von zu verschrottenden Fahrzeugen werden gemäss Vorgaben ausgebaut bzw. aufgefangen und an die LBA zurück geschoben. Das Verfahren zur Verzollung des Treibstoffs unterliegt einem Beschluss des Bundesrates aus dem Jahre 1996, wonach zum Zeitpunkt des Verbrauchs bzw. der Betankung die Mineralölverbrauchssteuer mit der Zollbehörde abgerechnet wird. Der Treibstoff ist also regulär verzollt.”
Beurteilung Giardino:
Damit kommt die Firma Schnyder – wenn auch 386 mal in kleinen Mengen – zu vom Bund (!) versteuerten/verzollten Betriebsstoff (Oel, Diesel). Ob eine Abgeltung dafür entrichtet wird, unterliegt sicher wieder dem “Geschäftsgeheimnis”.
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5. Frage Giardino:
Kann die Tatsache, dass die USA im Jahr 2012 mindestens 170 Mio USD und Brasilien mindestens 43 USD in ihre M113-Flotte investieren, ein genügender Hinweis dafür sein, dass der Fahrzeugtyp M113 nach wie vor anerkanntes und taugliches Fahrzeug ist?
Antwort CdA:
“Nein, das kann kein genügender Hinweis sein. Abgesehen davon, dass die Materialbudgets anderer Armeen nicht mit unseren verglichen werden können, werden die USA in den nächsten Jahren den M-113 durch das Armored Multipurpose Vehicle (AMPV) ersetzen. Gründe dafür sind die für heutige Kampfeinsätze nicht mehr genügende Mobilität, der ungenügende Schutz für Besatzung und Mannschaft und das fehlende Aufwuchspotential der Plattform M-113.”
Beurteilung Giardino:
Die unterschiedlichen Materialbudgets in Ehren, aber müsste es nicht zu denken geben, wenn die USA, welche ihre M-113-Flotte ersetzen will, weitere 170 Mio USD in diesen Typ investiert?
Die Argumente bezüglich ‘Mobilität’, ‘Schutz’ und das fehlende ‘Aufwuchspotential’ vermögen nicht zu überzeugen. Mit Spz 63/89 ausgerüstete Truppen sind immer noch mobiler, als Truppen, welche über keine Fahrzeuge verfügen. Ob die LEO Panzer nun mit Vollgas oder mit ein paar km/h weniger Richtung Gegner fahren (weil sie auf die nur wenige km/h langsameren Spz 63/89 warten müssen), ist wohl nicht entscheidend. Die Spz 63/89 wurden bezüglich Schutz ja genau 1989 aufgerüstet (vgl. Bilder). Wenn ein Schutz gegen Minen fehlen sollte, soll man uns erklären, wo unsere Armee massenweise durch Minenfelder fahren muss, wenn sie sich nur im eigenen Land (“Verteidigungsarmee”) bewegt.
Giardino sperrt sich auch nicht gegen neue Panzer, womit das Argument bezüglich “Aufwuchspotenzial” hinfällig wird. Wir fordern einzig, dass auf die Verschrottung so lange verzichtet wird, bis alle Truppen wieder mit Fahrzeugen ausgerüstet werden können, bis also die Lücke geschlossen ist (nicht wird).
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6. Frage Giardino:
“Über 370 Fahrzeuge aus der Familie der M113 sind bei der Schweizer Armee noch im Einsatz, wie kann man da behaupten, dass die Infrastruktur wieder aufgebaut und das Personal wieder ausgebildet werden muss?”
Antwort CdA:
“Für jede Fahrzeugversion der M-113-Flotte sind speziell geschulte Ausbilder notwendig. Die Spz M-113 unterscheiden sich in verschiedenen Baugruppen zum Teil wesentlich. Ist eine Fahrzeugversion einmal ausser Dienst gestellt, benötigt es diese Ausbilder nicht mehr bzw. sie bilden heute beispielsweise den Spz 2000 aus. Das fahrzeugspezifische Know-how ist weg. Dies gilt auch beim lnstandhaltungspersonal der LBA, den Truppenhandwerkern etc. Von dieser Fahrzeugversion belegte Infrastruktur wird umgenutzt oder abgestossen. Spezifische, nur für diese Fahrzeugversion vorhandene Werkzeuge, Prüfmittel‚ Ersatzteile, Ausbildungsmaterial werden verkauft oder liquidiert.”
Beurteilung Giardino:
Wie um Himmels willen hätten man die für schlechte Tage eingelagerten Spz je wieder zum Laufen bringen können, wenn Personal, Material und Infrastruktur (vermutlich auch Munition) während der Einlagerung abgebaut wird? Die Spz 63/89 wurden doch nicht “ausser Dienst gestellt”, sondern lediglich “stillgelegt” (vgl. Antwort BR Schmid)! Wer gab wann den Befehl, diese wichtigen Voraussetzungen zu eliminieren?
Die Antwort des CdA weist auf gravierende Mängel in der Führung hin! Es erinnert daran, dass die Schweiz auf dem Papier zwar x Bataillone und Abteilungen hat, diese aber nicht ausgerüstet, mobilisiert und personell alimentiert werden können. Eine Überprüfung des Systems “Armee” drängt sich – wie es GIARDINO seit Anbeginn fordert – ob solchen Verfehlungen geradezu auf. Vermutlich hat die Schweiz längst gar keine Armee mehr! Wir betrachten “potemkinsche Dörfer”!
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7. Frage Giardino:
Wo lagern die Ersatzteile für die Spz 63/89? Wenn keine mehr vorhanden sind, wer hat die Vernichtung beantragt, entschieden, wann und wieso?
Antwort CdA:
“Eine Ersatzteilbevorratung wurde schon vor der Stilllegung aus Kostengründen auf die Nutzung der verbleibenden Spz M-113 63/89 ausgerichtet. Gemäss den Vorgaben der damals zuständigen Stelle wurde überzähliges Material entsorgt. Im Jahr 2006 war die wirtschaftliche Verwendung von Baugruppen und Ersatzteilen das Ziel. Der Lagerbestand wurde gemäss den damaligen Vorgaben auf die Restnutzung bzw. den ES 08/11 ausgerichtet. Rund 125 Paletten Ersetzteile und Sonderwerkzeuge stehen noch in der Kaverne.”
Beurteilung Giardino:
Diese Antwort widerspricht der Antwort von Frage 6! Entweder wurde für die “verbleibenden” (386?) Spz 63/89 Material (und hoffentlich auch Personal, Munition, Prüfmittel, etc.) erhalten oder es wurde eben doch – wie Antwort 6 uns Glauben macht – sämtliches Material entsorgt.
Wenn der Lagerbestand auf den ES 08/11 (Entwicklungsschritt) ausgerichtet wurde, für welche Truppenkörper waren dann die eingelagerten Spz 63/89 vorgesehen?
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8. Frage Giardino:
“Vor sechs Jahren waren es noch “modernere überzählige Systeme“, heute sind es “veraltete Fahrzeuge” (CdA, Neue Luzerner Zeitung, 5.4.2012); was ist mit der Antwort von BR Schmid auf die Anfrage von Toni Brunner vom 13.03.2006, gilt die nicht mehr? Woher der Sinneswandel? Wieso nicht mehr “überzählig”?
Antwort CdA:
“Das ist kein Sinneswandel — man kann nicht erwarten, dass ich den Wortlaut der Aussagen von BR Schmid aus dem Jahr 2006 kenne. Ich habe immer von veralteten, respektive obsoleten Fahrzeugen gesprochen.”
Beurteilung Giardino:
Doch, das ist ein Sinneswandel! Die Aktion widerspricht fundamental der Beurteilung von vor sechs Jahren! Irgendjemand im VBS muss hier plötzlich zu einem anderen Schluss gekommen sein! Wieso? Wäre es nicht ehrlicher zu sagen, dass man wirklich zu einer Neubeurteilung gegenüber 2006 gekommen ist und dies und jenes die Gründe dafür sind? Es verwundert nicht, dass die Fahrzeuge plötzlich veraltet sind, wenn (siehe Antwort oben) dazu die nötige Logistik nicht aufrechterhalten wird. Und ‘obsolet’ sind die 386 Spz 63/89 erst in diesem Moment, wenn alle heute (!) aufgestellten Verbände über genügend geschützte Transportkapazitäten verfügen.
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9. Frage Giardino:
“NZZ 23.3.12, Aussage CdA: ‘Vor mittlerweile 7 Jahren ist entschieden worden, den Schützenpanzer M-113 auszumustern’. Diese Aussage ist objektiv falsch, ausgemustert werden ja nicht die M-113 (davon bleiben ja über 370 im Einsatz) sondern die Spz 63/89. Diese Aussage steht zudem im Widerspruch zu den Aussagen von BR Schmid “stillgelegt” (Anfrage Brunner) am 13.3.2006 (vor 6 Jahren), wie kommt es zu dieser Diskrepanz?”
Antwort CdA:
“Es besteht keine Diskrepanz. Meine Aussage bezog sich ja gerade auf die Schützenpanzer. Richtig ist, dass vorerst 371 Fahrzeuge im Einsatz bleiben, welche nicht für Kampfhandlungen verwendet werden. Sechs Jahre alte Aussagen von BR Schmid kann ich nicht kommentieren.”
Beurteilung Giardino:
Wo bitte besteht hier keine Diskrepanz? Hier ist doch offensichtlich etwas faul! Hat etwa BR Schmid (einmal mehr) gelogen? Das ist sehr wahrscheinlich. Denn die Ausführungen oben beweisen, dass die für die Wiederinbetriebnahme der Spz 63/89 notwendige Logistik bereits VOR deren Einlagerung eliminiert wurde.
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Fazit:
Für Giardino steht fest, dass die Einlagerung der Spz 63/89 eine reine Vertuschungsaktion war und die weniger gegen aussen sichtbaren Entscheide bezüglich Personal, Material, Prüfmittel, Munition die eigentliche Absicht heute klar macht: Es ging von Anfang an darum, die Panzerkräfte der Schweizer Armee massiv zu verringern, dies mit Ablenkungsmanövern zu vertuschen, die eigene Klientel (siehe Anfrage Toni Brunner) ruhig zu stellen und in ein paar Jahren den Rest mit vorgeschobenen Argumenten (fehlendes Material, fehlende Ausbilder und Spezialisten etc.) zu verschrotten.
Über die Gründe kann man sich streiten. Vermutlich geht es auch hier um die schleichende Annäherung an die NATO. Es gibt aber auch andere Gründe, die der CdA freimütig zugibt:
“[Die] Beschaffung von neuen Fahrzeugen [kann] finanzpolitisch nur durchgesetzt werden […], wenn die alten, nicht mehr den Anforderungen entsprechenden Fahrzeuge ausser Dienst gestellt werden und damit keine Unterhalts- und Betriebskosten mehr verursachen.”
Es muss also vernichtet werden, damit das Parlament den neuen Systeme zustimmen kann. Und was macht man in der Zwischenzeit? Immerhin klafft zwischen Verschrottung und Einführung der neuen Fahrzeuge (Geschützte Mannschafts-Transport-Fahrzeuge, GMTF – ein gehärteter Duro) eine beträchtliche Lücke. Und ob dann selbst für eine 100’000-er Armee genügend Fahrzeuge beschafft werden können, bezweifelt selbst der CdA:
“[…] je nach Ausgestaltung [der Weiterentwicklung der Armee] [ist] eine Lücke von ca. 100 bis maximal 200 GMTF zu erwarten.”
Es ist ferner davon auszugehen, dass die Armeeführung mit den anderen schweren Systemen ähnlich vorgeht (Festungsminenwerfer, Bison, Artilleriegeschütze M-109). Vordergründung werden diese “nur eingemottet”, im Hintergrund läuft jedoch die Vernichtung der logistisch notwendigen Elemente. In ein paar Jahren wird man dann wieder mit der gleichen Argumentation von der Verschrottung der Systeme in einer Mitteilung des Bundesrates lesen können.

Heute wurden wieder völlig veraltete, nicht mehr fahrtüchtige, schlecht gewartete, verrostete Spz 63/89 auf den Weg zu ihrer verdienten letzten Ruhestätte verladen. Überzeugen Sie sich selbst davon auf dem Bild! Der Platz in der Kaverne wird dringend für die vielen neuen Fahrzeuge benötigt, welche in den kommenden Jahren eventuell beschafft werden…. Wenn das keine Geldverschwendung ist!